Der Diagnose von Fäule in stehenden Bäumen kommt im Rahmen der
Verkehrssicherungspflicht im öffentlichen Grün eine große Bedeutung
zu. Die Methodenvielfalt
zur Diagnose am stehenden Baum reicht von der einfachen Klopfmethode
über die Entnahme von Bohrkernen und die Anwendung von
Bohrwiderstandsgeräten bis hin zur Schall- und Elektrischen
Widerstandstomographie sowie Zugversuchen (Weihs
und Rust 2007).
Große Unterschiede zwischen den einzelnen Methoden bestehen
hinsichtlich des Grades der
Holzzerstörung und der Sicherheit der Diagnose bei verschiedenen
Stammdefekten und Holzveränderungen. Insgesamt besteht in der Praxis
der Baumpflege nach wie vor ein großer Bedarf an geeigneten
Messmethoden, die weitgehend zerstörungsfrei sind und ein zumindest „zweidimensionalen
Blick“ in das Bauminnere ermöglichen, dabei mit vertretbarem
apparativen Aufwand auskommen und für den Anwender möglichst geringe
sicherheitstechnische Risiken mit sich bringen. Diese Anforderungen
werden von der EWT erfüllt.
Im Jahre 1999 wurde an der HAWK-Fakultät Ressourcenmanagement in
Göttingen die Projektgruppe„Zerstörungsfreie Baumdiagnose“ ins
Leben gerufen. Nach mittlerweile 14 Jahren intensiver Forschung hat sich
das ursprünglich aus der Geophysik stammende Verfahren der „Elektrischen
Widerstandstomographie“ (EWT) erfolgreich
als eingehende Untersuchungsmethode bei der Beurteilung der
Verkehrssicherheit von Bäumen etabliert.
Das Prinzip der EWT beruht auf der Messung von elektrischen
Potentialdifferenzen (Spannungen), die ein über Stichelektroden in den
stehenden Stamm eingespeister Wechselstrom verursacht. Die
Stromeinspeisung und der Spannungsabgriff erfolgen dabei nur an der
Stammoberfläche des zu untersuchenden Baumes. Anhand der dort
gemessenen Spannungswerte kann auf die elektrische
Leitfähigkeitsverteilung im Innern des Stammes geschlossen werden,
durch deren charakteristische Kontraste eine Diagnose
holzphysiologischer Veränderungen wie Farbkerne oder Fäule ermöglicht
wird.
In der praktischen Anwendung des Verfahrens an stehenden Bäumen hat
sich eine axialsymmetrische Anordnung bewährt, bei der über eine freie
Verkabelung oder über einen Konfigurationsring 24 Elektroden in der
gewünschten Querschnittsebene äquidistant auf dem Baumumfang verteilt
werden. Je zwei Elektroden dienen jeweils zur Stromeinspeisung und zwei
andere für den Spannungsabgriff (sog. Vierpunktanordnung). Für die
Ankopplung der Elektroden an den Baum ist in der Regel ein vorsichtiges
Eindrücken der Nadelspitzen in das Kambium des Baumes ausreichend.

Die am Anfang
dieser Seite sowie in der Abbildung rechts dargestellten
Anwendungsbeispiele zeigen
als Erstes eine eine Linde (Tilia
spp.) mit zentraler Stammfäule, die bereits zu einer großen Höhlung
im Stamm geführt hat. Bei der Überlagerung der Stammscheibe
aus der Messebene mit dem farbigen Widerstandstomogramm ist
bemerkenswert, wie exakt die Lage und die räumliche Ausdehnung der
Kernfäule im Stammquerschnitt abgebildet werden. Der nicht leitende
Hohlraum erscheint dabei als schwarzer, sehr hochohmiger, d. h.
elektrisch schlecht leitender Bereich. Ebenfalls gut getroffen ist die
noch im beginnenden Zersetzungsstadium befindliche „feuchte Fäule“
im linken Restwandbereich des Lindenstammes. Im Gegensatz zur
hochohmigen zentralen Hohlfäule wird diese Fäule als sehr gut
leitender, feuchter Bereich blau dargestellt. Die zweite Bildreihe der
linken Abbildung zeigt eine spannrückige Rotbuche (Fagus
sylvatica L.) mit Rindeneinwachsungen, die in der Messebene eine
zentral von NNO nach SSW verlaufende, ovale Faulstelle aufweist. Im
Gegensatz zur Hohlfäule der Linde hat die Weißfäule bei dieser Buche
noch keine Höhlung im Stamm hervorgerufen. Die Fäule befindet sich im
aktiven Stadium, das sich sowohl durch eine erhöhte Holzfeuchtigkeit
als auch einen erhöhten Elektrolytgehalt auszzeichnet. Entsprechend
weist die blaue Farbe des Widerstandstomogrammes im Bereich der
Faulstelle eine deutlich erhöhte erlektrische Leitfähigkeit auf. Die
dritte und vierte Bildreihe verdeutlichen am Beispiel einer Rotbuche (Fagus
sylvatica L.) und einer
Esche (Fraxinus excelsior L.), dass sich mit Hilfe der EWT auch
Ausprägungen von Farbkernen im Stammholz lebender Bäume
diagnostizieren lassen, deren Ausbildung bei forstwirtschaftlich
wichtigen Wirtschaftsbaumarten i.d.R.
mit einer deutlichen Wertminderung einhergehen. In
beiden Fällen, sowohl bei der abgebildeten Rotbuche (Fagus sylvatica
L.) mit einem „abnormer Kern“
als auch bei der Esche mit fakultativem Braunkern, handelt es sich um
Farbkerne, die sich im
Vergleich zum umgebenden weißen Holz durch eine deutlich höhere
Darrbezugsfeuchte auszeichnen
und somit im elektrischen Widerstandstomogramm als gut leitende, blaue Bereiche
dargestellt werden. Wie
die folgenden Veröffentlichungen belegen, ist die EWT auch zur Diagnose
von Stock- und Wurzelfäule geeignet, da das elektromagnetische Feld bei
Messungen im bodennahen Stammfußbereich eine halbraumartige Sondierung
des Wurzelraumes erlaubt (Weihs
und Jaschinski 2011
Weihs
et al. 2013).
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